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Was bedeutet Redispatch 2.0?

Redispatch ist ein Begriff aus der Kraftwerkssteuerung. Gemeint ist die Anpassung der Wirkleistung einer Stromerzeugungsanlage durch den Netzbetreiber mit dem Ziel, Netzengpässe kostengünstig und optimal zu reduzieren. Bisher fand Redispatch nur während der Stromübertragung im Höchstspannungsnetz der Übertragungsnetzbetreiber statt (Redispatch 1.0), um Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu gewährleisten.

Durch die vielen neuen Einspeiser in niedrigeren Spannungsebenen sind ab dem 1. Oktober 2021 jedoch alle Marktpartner, wie z. B. Anlagenbetreiber, Direktvermarkter oder Netzbetreiber, dazu aufgefordert, Redispatch umzusetzen – deswegen Redispatch 2.0 (RD 2.0).

Die neuen Regeln zu Redispatch 2.0 wurden also vom Gesetzgeber zur Vermeidung von Netzengpässen erlassen. Um dafür die neuen, notwendigen Prozesse zu ermöglichen, benötigen die Netzbetreiber eine detaillierte Datenbasis. Demnach werden alle Erzeugungsanlagen ab 100 kW und nachrangig auch alle steuerbaren Erzeugungsanlagen kleiner gleich 100 kW in Redispatch-Maßnahmen einbezogen. Dazu gehören neben Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) auch Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen) sowie Speicheranlagen und konventionelle Erzeugungsanlagen. Anlagenbetreiber sind somit gesetzlich verpflichtet, geforderte Daten ihrer betriebenen Anlagen als Grundlage des RD 2.0 bereitzustellen.

Die Bundesnetzagentur erklärt das Thema in diesem Video anschaulich: Erklärvideo der Bundesnetzagentur.

Das deutsche Stromnetz und seine Marktrollen mit Blick auf Redispatch

Im Energiesektor sind sogenannte Marktrollen definiert, welchen jeweils verschiedene Aufgaben zugewiesen werden. Wer eine Marktrolle innehat, ist also zuständig für die Umsetzung dieser Aufgaben. Für einen sicheren und reibungslos funktionierenden Austausch von Informationen zur Umsetzung von Redispatch 2.0 wurden bestimmte Verantwortlichkeiten und Aufgaben jeweils genau einer solchen Marktrolle zugeordnet. Natürliche oder juristische Personen können hierbei mehrere Rollen einnehmen.

Hinweis: Es gelten die Begriffsdefinitionen nach § 3 EnWG sowie § 2 StromNZV i. V. m. den Festlegungsverfahren zu den Kommunikationsprozessen (BK6-20-059) und zur Informationsbereitstellung (BK6-20-061) der Bundesnetzagentur.

Als Anlagenbetreiber haben Sie zwei neu eingeführte Marktrollen zu erfüllen, den Betreiber der technischen Ressource (BTR) und den Einsatzverantwortlichen (EIV):

Betreiber der Technischen Ressource

(BTR)

Einsatzverantwortlicher

(EIV)

  • Verantwortung des technischen Betriebs der Anlage
  • Bereitstellung benötigter Messwerte an der Anlage, bspw. Übermittlung von Echtzeitdaten oder meteorologischen Daten
  • Planung und Einsatzführung der technischen Ressource (TR)
  • Übermittlung der Fahrpläne sowie Kommunikation mit dem Netzbetreiber über Datenaustauschplattform connect+
  • Bereitstellung der für den Netzbetreiber erforderlichen Daten gemäß gesetzlichen Vorgaben (verbindliche Informationen über prognostizierten Anlageneinsatz, Nichtbeanspruchbarkeiten der Anlage etc.)
  • Anpassung des Anlageneinsatzes zur Unterstützung des Netzbetriebs

Diese beiden neuen Rollen können durch den Anlagenbetreiber selbst wahrgenommen werden oder durch Beauftragung einem Dritten (wie bspw. Ihr Direktvermarktungsunternehmen) übertragen werden. Der BDEW hat eine Liste mit Unternehmen veröffentlicht, die Dienstleistungen für Anlagenbetreiber im Rahmen von Redispatch 2.0 anbieten. Die Liste finden Sie hier.

FAQ - Redispatch 2.0

Was sind Technische bzw. Steuerbare Ressourcen (TR bzw. SR)?
  • Technische Ressource – TR

Die Technische Ressource bezeichnet die Anlage selbst, also das jeweilige technische Objekt, das Strom verbraucht und/oder erzeugt (Speicher, Generator etc.). und stellt die kleinstmögliche Erzeugungseinheit dar (bspw. ein einziges Windrad aus einem Windpark). Die erforderlichen Stammdatenangaben beziehen sich stets auf die Ebene der TR.

  • Steuerbare Ressource – SR

Unter der Steuerbaren Ressource wiederum versteht man – vereinfacht ausgedrückt – die Summe der Technischen Ressourcen, die nur über einen gemeinsamen Punkt steuerbar sind. Ist eine Technische Ressource, also eine Anlage, selbst steuerbar, dann stellt sie selbst auch die Steuerbare Ressource dar. Sind mehrere Technische Ressourcen nur gemeinsam steuerbar, stellen diese Technischen Ressourcen eine einzige gemeinsame Steuerbare Ressource dar.

Die Technischen Ressourcen einer Steuerbaren Ressource verfügen demnach über einen einzigen Netzanschluss, den gleichem Energieträger sowie einen gemeinsamen EIV.

Technische Ressourcen (TR) und Steuerbare Ressourcen (SR) sind neue Identifikatoren gemäß dem Rollenmodell für die Marktkommunikation im deutschen Energiemarkt und dienen im elektronischen Datenaustausch zwischen den Marktpartnern als eindeutige Benennung von technischen Objekten. Daher benötigt jede SR und jede TR eine eindeutige Identifikation (ID), denn über die jeweiligen IDs wird jede TR fest einer SR zugeordnet.

  • Unter der TR-ID versteht man den eindeutigen Identifikator (ID) der Technischen Ressource (TR), also der jeweiligen Anlage. Als TR-ID kann daher die Marktstammdatenregisternummer der Anlage angegeben werden. Diese Nummer gibt es für jede Anlage bundesweit nämlich nur ein einziges Mal. Die eindeutige Identifikation der Anlage ist somit sichergestellt.
  • Unter der SR-ID versteht man den Identifikator (ID) der Steuerbaren Ressource (SR). Die SR-ID soll vom Anschlussnetzbetreiber vergeben werden.

Die Identifikatoren für TRs und SRs werden entsprechend der Bildungsvorschrift durch die Codevergabestelle des BDEW an den Netzbetreiber vergeben und bestehen aus einer 11-stelligen, alphanumerischen ID-Nummer. Der Netzbetreiber muss die TR-ID, die SR-ID und die Zuordnung dieser Identifikatoren zu den Erzeugungsanlagen und Fernwirkgeräten an den Anlagenbetreiber übermitteln. Der Anlagenbetreiber übermittelt diese wiederum an seinen Einsatzverantwortlichen (EIV), sofern er diese Marktrolle einem Dritten zugewiesen hat.

Wie funktioniert ein Redispatch und was ändert sich mit dem Redispatch 2.0?

Der Übertragungsnetzbetreiber prognostiziert die Netzsituation und sorgt bei einem Engpass bzw. einem Überschuss dafür, dass Kraftwerksbetreiber ihre geplante Stromproduktion verändern. Beim Redispatch 1.0 gilt das nur für Anlagen mit einer Leistung von über 10 MW. Zukünftig prognostizieren Übertragungsnetzbetreiber und Verteilnetzbetreiber alle Anlagen größer 100 kW und kleiner 10 MW (Anlagen von über 10 MW verbleiben im Redispatch 1.0). 

Ab dem 1. Oktober 2021 nehmen alle Erzeugungsanlagen und Stromspeicher mit einer Leistung ab 100 kW an der Veränderung der geplanten Stromproduktion teil. Damit sind künftig nicht nur Übertragungsnetzbetreiber allein für den Redispatch verantwortlich, sondern alle Netzbetreiber. 

Welche Anlagen werden in den Redispatch 2.0 einbezogen?

Unter die Regelungen fallen alle Erneuerbare-Energien- und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, konventionelle Energieerzeugungsanlagen und Speicher ab einer Leistung von 100 kW und alle EE- und KWK-Anlagen, die dauerhaft durch einen Netzbetreiber steuerbar sind.

Welche (Markt-) Rollen setzen den Redispatch 2.0 um?

Für die Umsetzung gibt es zwei neue Marktrollen, die mit dem Netzbetreiber zusammen den Redispatch 2.0 handhaben: 

  1. Einsatzverantwortlicher (EIV) 
    Der EIV kümmert sich um die Daten vor einer Redispatch-Maßnahme. Er übermittelt zum Beispiel die Stammdaten sowie die Prognosen Ihrer Anlage.
  2. Betreiber der technischen Ressource (BTR) 
    Der BTR sendet dem Verteilnetzbetreiber die Abrechnungsdaten nach der Redispatch-Maßnahme. Damit kann der Ausfall der Anlage abgerechnet werden.

Die Bundesnetzagentur hat diese beiden Rollen voneinander getrennt, damit der Anlagenbetreiber diese auch an Experten für Energiedaten abgeben kann. So kann zum Beispiel der Direktvermarkter auch der EIV und der Abrechnungsdienstleister auch der BTR werden. 

Darf der Anlagenbetreiber die Aufgaben des Einsatzverantwortlichen (EIV) bzw. des Betreibers der Technischen Ressource (BTR) selbst wahrnehmen?

Selbstverständlich dürfen Sie als Anlagenbetreiber eine oder auch beide Marktrollen selbst erledigen. 

Bitte beachten Sie jedoch, dass EIV und BTR eine Reihe von automatisierten Datenaustauschprozessen innerhalb kurzer zeitlicher Fristen zu beherrschen haben, was entsprechende Software, Hardware und die notwendigen IT-Zertifikate erfordert. Sie müssen die Use-Cases sowie die Datenlieferpflichten nach den BNetzA-Festlegungen kennen und abwickeln können – zum Teil 24 Stunden am Tag. Bitte beachten Sie auch die Vorgaben/Prozessleitfäden des BDEW und melden sich bei Bedarf mit den jeweiligen Marktrollen an. 

Gerade als „kleiner“ Anlagenbetreiber (Anlage nicht in der Direktvermarktung) kann es daher empfehlenswert sein, sich einen Dienstleister zu suchen, der diese Aufgaben fristgerecht und vollumfänglich abdecken kann. Können Sie die mit den Marktrollen verbundenen Verantwortlichkeiten selbstständig abdecken, sind Sie jedoch nicht verpflichtet einen Dienstleister damit zu beauftragen.

Wie erfolgt die Meldung der Rollen des EIV und BTR bei Anlagenaufteilung?

Jeder Anlagenbetreiber sollte zur Meldung des EIV und BTR für seine Anlage durch den Anschlussnetzbetreiber aufgefordert worden sein. Sind mehrere Anlagen nur gemeinsam steuerbar, oder besitzt eine Anlage mehrere (Abrechnungs-)Anlagenbetreiber, müssen alle Anlagen den gleichen EIV und BTR benennen.

Was ist die Marktpartner-ID?

Die Marktpartner-ID ist die BDEW-Codenummer für den deutschen Strommarkt gemäß den Festlegungen der EDI@Energy. Mittels der Marktpartner-ID kann jeder Marktteilnehmer und seine jeweilige Rolle im Markt identifiziert werden. 

Im Redispatch 2.0 wird je Marktrolle (BTR und EIV) eine Marktpartner-ID benötigt. Wenn der Anlagenbetreiber die Rolle des Betreibers der Technischen Ressource (BTR) und die Rolle des Einsatzverantwortlichen (EIV) wahrnimmt, muss dieser zwei Marktpartner-IDs beschaffen. Die Marktpartner-ID kann auf der Website der Vergabestelle des BDEW beantragt werden. 

Beauftragt der Anlagenbetreiber einen Dritten (z. B. ein Direktvermarktungsunternehmen) mit der Wahrnehmung der Rollen des BTRs und des EIVs, ist keine Beantragung der Marktpartner-ID durch den Anlagenbetreiber erforderlich. Dies muss dann der Beauftragte tun, sofern nicht bereits erfolgt.

Muss ich am Redispatch 2.0 teilnehmen?

Der Redispatch 2.0 ist verpflichtend für Betreiber von allen Speichern und einspeisenden Anlagen größer 100 kW oder, wenn es der Netzbetreiber wünscht, auch alle einspeisenden Anlagen unter 100 kW, wenn diese jederzeit fernsteuerbar sind. Er gilt als gesetzliche Vorgabe aus § 13a EnWG und § 14 EnWG in der Version des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes vom 13. Mai 2019. Mit der Teilnahme am Redispatch 2.0 erfüllen Sie also die gesetzlichen Vorgaben aus dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz und die Festlegungen der Bundesnetzagentur.


Weiterführende Details dazu finden Sie bei der Bundesnetzagentur unter Redispatch / Einspeisemanagement sowie unter den Festlegungen zum Redispatch 2.0 BK6-20-059,  BK6-20-060 und BK6-20-061.

Woher weiß ich, wann und wie oft meine Anlage zum Gegenstand von Redispatch-Maßnahmen gemacht wird?

Es lässt sich pauschal keine Aussage darüber treffen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Anlage zum Gegenstand von Redispatch-Maßnahmen gemacht wird. Dies hängt von möglichen Netzengpässen sowohl im Netz des Anschlussnetzbetreibers, in den vorgelagerten Netzen und im Übertragungsnetz ab. Unter anderem anhängig von den jeweiligen Netzzuständen und dem zukünftigen Ausbau von Stromerzeugungsanlagen kann sich die Wahrscheinlichkeit erhöhen oder – bei zukünftigen Netzausbaumaßnahmen – auch verringern.

Gibt es eine Entschädigung, wenn meine Anlage zum Gegenstand von Redispatch 2.0-Maßnahmen gemacht wird?

Ja, das Gesetz sieht in einem solchen Fall einen angemessenen finanziellen Ausgleich vor.

Ein angemessener finanzieller Ausgleich ist dann gegeben, wenn er den Anlagenbetreiber weder besser noch schlechter stellt, als er ohne die Redispatch-Maßnahme stünde. Darüber hinaus gibt es einen Anspruch auf bilanziellen Ausgleich für Bilanzkreisverantwortliche/Direktvermarkter, auf deren Bilanzkreis sich die Abregelungsmaßnahme auswirkt. Für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs muss der Anlagenbetreiber bestimmte Daten zum Beleg des Anspruchs an den Anschlussnetzbetreiber mitteilen. 

Details finden Sie bzw. Ihr Direktvermarkter in der Anlage 3 der BNetzA- Festlegung BK6-20-059.

Ändert sich etwas an meiner Einspeisevergütung?

Nein, der Redispatch 2.0 ändert nichts an Ihren Vergütungssätzen.

Wie werden meine Anlagen im Redispatch 2.0 geregelt (Abrufart)?

Bei Engpässen im Stromnetz ist der Anschlussnetzbetreiber berechtigt, die Erzeugungsleistung Ihrer Anlage anzupassen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dies ändert sich mit der Einführung von Redispatch 2.0 nicht. Die Leistungsreduzierung kann dabei weiterhin über ein Fernwirkgerät (Funkrundsteuerempfänger oder Fernwirkanlage) in den vom jeweiligen Fernwirkgerät umsetzbaren Stufen erfolgen.

Im Redispatch 2.0 wird jedoch unterschieden, wer die Redispatch-Maßnahme umsetzt. Es wird der Aufforderungsfall und der Duldungsfall unterschieden. Im Aufforderungsfall muss der Einsatzverantwortliche (EIV) den Einsatz an seiner Anlage selbst umsetzen („Der Anlagenbetreiber wird vom Netzbetreiber zur Regelung aufgefordert.“). Beim Duldungsfall regelt der Anschlussnetzbetreiber die Anlagen („Der Anlagenbetreiber muss die Regelung des Netzbetreibers dulden.“). Die Wahl der Abrufart (Aufforderungsfall bzw. Duldungsfall) wird über den Data Provider RAIDA durch den EIV an den Netzbetreiber übermittelt. Liegt dem Netzbetreiber keine Zuordnung zu einer Abrufart vor, wird die Anlage automatisch dem Duldungsfall zugeordnet.

Was ist der Unterschied zwischen Redispatch 2.0 und Einspeisemanagement?

Der zentrale Unterschied ist, dass im Redispatch 2.0 der Eingriff in die Erzeugungsleistung Ihrer Anlage auf Basis von Prognosen erfolgt und deshalb zwischen den Netzbetreibern vorab abgestimmt werden kann.

Im Einspeisemanagement ging es nur um die kurzfristige Behebung von Netzengpässen. Darüber hinaus wird im Redispatch 2.0 auch der energetische und bilanzielle Ausgleich sichergestellt. Dabei werden Anlagen so entschädigt, als hätte es die Maßnahme nicht gegeben - dies erfolgt unabhängig davon, ob Ihre Anlage in der Direktvermarktung ist oder nicht.

Derzeit werden mir Ausfälle, die durch das Einspeisemanagement verursacht werden, vergütet. Ist das im Redispatch 2.0 genauso?

Betroffene Anlagenbetreiber werden entsprechend den entgangenen Einnahmen, zusätzlichen Aufwendungen und ersparten Aufwendungen entschädigt. Im Fall der Reduzierung der Wirkleistungserzeugung von EEG- oder KWKG-Anlagen beträgt die Entschädigung 95 % der entgangenen Einnahmen zzgl. der zusätzlichen Aufwendungen (§ 13a Abs. 2 EnWG i. d. F vom 01.10.2021).

Was ist das Planwert- und was ist das Prognosemodell?

Entgegen dem bisherigen Einspeisemanagement wird im Redispatch 2.0 nicht nur die eingespeiste, sondern auch die abgeregelte Energiemenge (sog. Ausfallarbeit) je Viertelstunde einem Bilanzkreis zugeordnet und somit ein bilanzieller Ausgleich erzielt. Für diesen bilanziellen Ausgleich und die Abrechnung werden prinzipiell zwei Modelle angeboten: Prognosemodell und Planwertmodell. Die beiden Modelle unterscheiden sich vor allem in der Art der Erstellung der Erzeugungsprognose und werden zwischen dem Anlagenbetreiber und seinem Einsatzverantwortlichen (EIV) für jede Steuerbare Ressource (SR) abgestimmt. 

  • Im Planwertmodell muss der EIV Anlagenfahrpläne (Erzeugungsprognosen) für jede Technische Ressource (TR) mindestens am Vortag an den Netzbetreiber übergeben. Um am Planwertmodell teilnehmen zu können, muss der EIV die Voraussetzungen des „Kriterienkatalog Planwertmodell“ (Anhang zu Anlage 1 zum Beschluss BK6-20-059 der Bundesnetzagentur) erfüllen. Erzeugungsanlagen mit einer Leistung ab 10 MW müssen am Planwertmodell teilnehmen.
  • Im Prognosemodell wird die Erzeugungsprognose vom Netzbetreiber durchgeführt. Es müssen somit keine Anlagenfahrpläne an den Netzbetreiber übermittelt werden. Dem Prognosemodell werden alle Anlagen zugeordnet, die sich nicht im Planwertmodell befinden. 
     

Hinweis gemäß BDEW-Anwendungshilfe Umsetzungsfragenkatalog zum Redispatch 2.0, Umsetzungsfrage „Redispatch_011": Da der erforderliche Informationsaustausch zur uneingeschränkten Umsetzung des Planwertmodells bis 01.10.2021 nicht umsetzbar ist, wird dieser im Zeithorizont bis zum 01.10.2022 über die Ziellösung angestrebt. Es wird zunächst im angepassten Prognosemodell gestartet. Für SR im Prognosemodell können auch Planungsdaten vom EIV (freiwillig) gemeldet werden.

Anlagen, die Planungsdaten gemäß SO GL übermitteln und die über die Übertragungsnetzbetreiber zur Umsetzung von Redispatch-Maßnahmen angewiesen werden, müssen und können gemäß Datenlieferverpflichtung der BK6-20-059 ins Planwertmodell. Die Implementierungsvorschriften für den Datenaustausch gemäß Artikel 40 Absatz 7 der SO GL finden Sie auf der Übertragungsplattform der deutschen Übertragungsnetzbetreiber: netztransparenz.de.

Welche Aufgaben habe ich als Anlagenbetreiber im Detail?

Der Anlagenbetreiber ist per Gesetz (siehe § 3 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 EEG) die natürliche oder juristische Person, die eine EEG-, KWK- oder Speicher-Anlage betreibt. Er hat rechtliche Verpflichtungen und Ansprüche, die mit dem Anschlussnetzbetreiber vertraglich geregelt sind (bspw. für den Netzanschluss oder die Vergütung von eingespeistem Strom). Der Anlagenbetreiber ist der Betreiber einer Technischen Ressource (BTR) und der Einsatzverantwortliche (EIV), wenn er denn diese Rollen nicht an Dritte abtritt. 

Unter anderem folgende Aufgaben müssen Sie oder Ihre Dienstleister für den Redispatch 2.0 erfüllen: 

  • Lieferung der Stammdaten der Erzeugungseinheiten
  • Lieferung der Prognosen für die Erzeugungseinheiten
  • Mitteilung der Informationen über Beschränkungen
  • Bereitstellung von Echtzeitdaten
  • Bereitstellung von Abrechnungsdaten

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle Prozesse, einschließlich der Lieferung von Plandaten und Nichtbeanspruchbarkeiten, rund um die Uhr an allen Tagen des Jahres bedient werden müssen. Weitere Detailinformationen zu diesen Pflichten sowie einer Anbieterliste von Dienstleistern für Anlagenbetreiber finden Sie auf der Webseite des Bundesverbandes der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (bdew).

Wie gehe ich als Anlagenbetreiber vor, wenn ich die Marktrollen BTR und EIV abtreten möchte?
  • Benennung eines Einsatzverantwortlichen (EIV) 
  • Benennung eines Betreibers der Technischen Ressource (BTR)  
  • Bereitstellung von Stammdaten über Ihren EIV 
  • Bereitstellung von Bewegungsdaten über Ihren EIV 
  • Festlegung der Abrufart für die Leistungsreduzierung (Aufforderungsfall oder Duldungsfall) mit Ihrem EIV 
  • Festlegung des Bilanzierungsmodells (Planwertmodell oder Prognosemodell) mit Ihrem EIV
Bietet mein Anschlussnetzbetreiber eine Dienstleistung für die Marktrollen Einsatzverantwortlicher (EIV) und Betreiber einer technischen Ressource (BTR) an?

Der Netzbetreiber kann die Dienstleistung der Marktrollen Einsatzverantwortlicher (EIV) oder Betreiber einer technischen Ressource (BTR) laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) nur unter sehr komplizierten Voraussetzungen und mit großem Aufwand umsetzen.

Als Netzbetreiber wollen wir uns voll auf unsere Kernaufgaben und damit auf die Rolle des Anschlussnetzbetreibers und den sicheren Stromnetzbetrieb konzentrieren. Daher bieten wir die beiden Marktrollen des EIVs und des BTRs leider nicht an. 

Hinweis: Für die Suche nach einem passenden Dienstleister kann Ihr Direktvermarkter hilfreich sein. Sollten Sie keinen haben, können Sie die Marktrolle des Direktvermarkters bzw. EIVs oder BTRs direkt auf der Website des BDEW einsehen und die dort eingetragenen EIVs und BTRs als Dienstleister erfragen.

Erfordert der Redispatch 2.0 Änderungen an der Erzeugungsanlage oder an der Fernwirkankopplung der Erzeugungsanlagen durch den Anlagenbetreiber selbst?

Neuere Steuerungstechnik ermöglicht, die Anlagen optimal in die Redispatch 2.0-Prozesse zu integrieren. Der Gesetzgeber hat mit Umsetzung des Redispatch 2.0 im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die Wirkleistungsbegrenzung auf die Erzeugungsanpassung an Stelle der Anpassung der Einspeisung geändert.

Für die technische Umsetzung müssen die ergänzenden Netzbetreiber-Anforderungen des zuständigen Anschlussnetzbetreibers beachtet werden. Diese behalten sich vor, Änderungen bzw. andere Verfahren für die Wirkleistungsbegrenzung zu fordern. Nach aktuellem Stand kann auch eine Anpassung der Steuertechnik im Zuge des Rollouts intelligenter Messsysteme inkl. Fernsteuerungstechnik für die IST-Einspeisung und Wirkleistungsbegrenzung vorgesehen sein.

Welche Daten muss ich als Anlagenbetreiber dem Netzbetreiber genau mitteilen?

Die Datenlieferverpflichtungen richten sich nach den jeweils gewählten Modellen. 

  • Bei Nutzung des Prognosemodells als Bilanzierungsmodell und ohne Direktvermarktung 
    müssen im Rahmen des Redispatch 2.0 mindestens Stammdaten und Nichtbeanspruchbarkeiten übermittelt werden. Details zu den erforderlichen Daten können der Festlegung zur Informationsbereitstellung vom 23.03.2021 (Az.: BK6-20-061) entnommen werden. Im Falle eines Abrufes prüft der BTR (Betreiber der Technischen Ressource) die ermittelte Ausfallarbeit. Dazu sind je nach Abrechnungsmodell auch meteorologische Daten zur Verfügung zu stellen. 
  • In weiteren Fällen (z. B. Planwertmodell als Bilanzierungsmodell oder Steuerung der Anlage durch einen Direktvermarkter) sind zusätzlich Planungsdaten und ggfs. Echtzeitdaten durch den benannten EIV (Einsatzverantwortlicher) zu liefern. 
Ab wann und wie häufig sind die Daten mitzuteilen?
  • Stammdaten sind auf Aufforderung des Netzbetreibers frühestens ab dem 01.07.2021 und ab diesem Zeitpunkt auch bei Änderungen mitzuteilen. 
  • Planungsdaten sind erstmals ab dem 29.09.2021 und ab diesem Zeitpunkt bei Änderungen jeweils stündlich mitzuteilen. 
  • Nichtbeanspruchbarkeitsdaten sind unverzüglich, spätestens jedoch eine Stunde nach Bekannt- werden mitzuteilen. 
  • Echtzeitdaten sind ab dem 01.10.2021 mitzuteilen. Echtzeitdaten sind innerhalb eines Zeitintervalls von maximal 60 Sekunden zu aktualisieren. Dies erfolgt über die in RD 2.0 festgelegten Datenwege und die jeweiligen Marktrollen, in diesem Fall die EIVs.
Müssen Stammdaten, die initial mitgeteilt wurden, bei Änderungen erneut übermittelt werden?

Ja, initial übermittelte Stammdaten sind bei tatsächlichen Änderungen an der Anlage anzupassen. Alle weiteren Daten müssen im Rahmen der regelmäßigen Meldezyklen über die RD 2.0 vorgegebenen Datenwege aktualisiert werden.

Welche Abrechnungsvarianten (Bilanzierungsmodelle) gibt es?

Das Abrechnungsmodell beschreibt die Methode, mit der im Falle einer Redispatch-Maßnahme die Ausfallarbeit ermittelt wird. 

  1. Die Pauschal-Abrechnung basiert dabei je nach Energieträger auf der Fortschreibung der letzten vollständig gemessenen Leistungsmittelwerte der Anlage vor der Maßnahme für den Zeitraum der Redispatch-Maßnahme.
  2. In der Spitzabrechnung wird die Ausfallarbeit auf Basis von anlagenscharfen Wetterdaten dynamisch je Viertelstunde ermittelt. Im Redispatch 2.0 besteht zudem die Möglichkeit eine vereinfachte Spitzabrechnung („Spitz Light“) zu nutzen, falls keine eigene Messung der Wetterdaten an der Erzeugungsanlage vorhanden ist. Die Wetterdaten in diesem Verfahren werden dabei nicht direkt an der Erzeugungsanlage gemessen, sondern stammen von Dritten (bspw. Wetterdienstleister oder dem Netzbetreiber).

Die Wahl der Abrechnungsmethode obliegt Ihnen als Anlagenbetreiber. Das Abrechnungsmodell ist zudem abhängig vom Bilanzierungsmodell und der Art der Energieerzeugung. Folgende Tabellen sollen Ihnen als Übersicht dienen:

 

Anlagen mit wetterabhängiger Erzeugung (Wind, Photovoltaik):

Bilanzierungsmodell

Planwertmodell1

Prognosemodell

Abrechnungsvarianten

-

Pauschalabrechnung

vereinfachte Spitzabrechnung

(Spitz Light)

vereinfachte Spitzabrechnung

(Spitz Light)

SpitzabrechnungSpitzabrechnung

1 Das Planwertverfahren ist voraussichtlich ab 2023 möglich; Anlagen, die Planungsdaten gemäß SO GL übermitteln und die über die Übertragungsnetzbetreiber zur Umsetzung von Redispatch-Maßnahmen angewiesen werden, müssen und können gemäß Datenlieferverpflichtung der BK6-20-059 ins Planwertmodell.

 

Anlagen mit wetterunabhängiger Erzeugung (Biomasse, KWK):

Bilanzierungsmodell

Planwertmodell2

Prognosemodell

AbrechnungsvariantenSpitzabrechnungPauschalabrechnung3

2 Das Planwertverfahren ist voraussichtlich ab 2023 möglich; Anlagen, die Planungsdaten gemäß SO GL übermitteln und die über die Übertragungsnetzbetreiber zur Umsetzung von Redispatch-Maßnahmen angewiesen werden, müssen und können gemäß Datenlieferverpflichtung der BK6-20-059 ins Planwertmodell.

3 Für Steuerbare Ressourcen (SR) mit wetterunabhängiger Erzeugung, die Planungsdaten im Prognosemodell liefern, darf übergangsweise auch hier die Spitzabrechnung Anwendung finden.

Hinweis: Gemäß der BDEW-Anwendungshilfe Umsetzungsfragenkatalog zum Redispatch 2.0, Umsetzungsfrage „Redispatch_011", ist eine Übergangslösung ab 01.10.2021 für das Planwertmodell vorgesehen. Da der erforderliche Informationsaustausch mit dem Bilanzkreisverantwortlichen des Lieferanten zur uneingeschränkten Umsetzung des Planwertmodells bis 01.10.2021 nicht umsetzbar ist, wird zunächst nur im Prognosemodell gestartet. Für SR im Prognosemodell können auch Planungsdaten vom EIV (freiwillig) gemeldet werden.

Welches Abrechnungsmodell ist für mich als Anlagenbetreiber sinnvoll und kann ich zwischen den Abrechnungsverfahren wechseln?

Ob Pauschal, Spitz oder Spitz light für Sie sinnvoll ist, diskutieren Sie am besten mit Ihrem EIV und BTR. Allgemein gilt: Je exakter die Ausfallarbeit ermittelt werden soll, desto genauere Abrechnungsdaten muss Ihr BTR elektronisch an den Netzbetreiber liefern.

Die initiale Wahl des Abrechnungsmodells erfolgt im Rahmen der initialen Stammdatenmeldung. Anschließend kann der Wechsel gemäß Anlage 1 BK6-20-059 für jede Anlage bis zum 30.11. eines Jahres für das folgende Kalenderjahr angegeben werden.

Wie werden die Prognosen meiner Anlage für Zwecke des Redispatch 2.0 erstellt?

Sie entscheiden zusammen mit Ihrem EIV, wer die Prognose Ihrer Anlage für Zwecke des Redispatch 2.0 erstellt. Das kann entweder Ihr EIV für Sie machen (Planwertmodell) oder der Netzbetreiber (Prognosemodell).

Bin ich als Anlagenbetreiber auch betroffen, wenn meine Anlage für den 100%-igen Eigenverbrauch ausgelegt ist?

EE-Strom und KWK-Strom, der nicht in das Netz eingespeist wird, also „vor“ dem Netz verbraucht wird, darf dann nicht Gegenstand von negativen Redispatch-Maßnahmen gemacht werden, wenn der jeweilige Anlagenbetreiber diesen Strom als Nichtbeanspruchbarkeit beim Netzbetreiber gemeldet hat. Dieser Strom ist also gewissermaßen vor Redispatch-Maßnahmen „geschützt“.

Wovor die Angabe als Nichtbeanspruchbarkeit allerdings nicht schützt, ist dass der Strom zum Gegenstand einer Notfall-Maßnahme gemacht wird. Ob die Angabe des Anlagenbetreibers, seine Anlage sei nicht beanspruchbar, glaubhaft ist oder nicht, muss der Anschlussnetzbetreiber entscheiden.

Die im Redispatch 2.0 geforderte Datenmeldung zu RD 2.0 zu Nichtbeanspruchbarkeiten beispielsweise oder die initialen Stammdaten sind dennoch seitens des Anlagenbetreibers bzw. EIV über die bekannten Datenmeldewege zu den geforderten Zeitpunkten einzubringen.

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